Glasarchitektur

Glasarchitektur
Glasarchitektur,
 
Glasbau, Gebäude, dessen Fassaden weitgehend durch Glasflächen gebildet werden. Vorbild ist die barocke Orangerie. Technische Voraussetzungen waren die beginnende Massenproduktion von Glas im 19. Jahrhundert und die Fortschritte in der Eisenindustrie. Gestaltbestimmend wurde Glas erst in Verbindung mit Eisenkonstruktionen. In dieser Bauweise wurden zunächst v. a. in England zahlreiche Gewächshäuser errichtet, die mit einer sphärisch gewölbten Glashaut versehen wurden. An die hierbei gemachten Erfahrungen knüpften die seit Mitte des 19. Jahrhunderts. errichteten monumentalen Ausstellungsgebäude an (z. B. Kristallpalast in London von G. Paxton, 1851). Die Möglichkeiten des Bauens mit Glas wurden v. a. für Ausstellungs-, Bahnhofs-, Fabrik- und Markthallen weiterentwickelt. Das durchlaufende Oberlicht wurde für Bautypen wie Museen, Passagen, Bibliotheken, Warenhäuser und Börsen übernommen. Im Geschossbau erschien Glas als großflächige Fassadenverkleidung gusseiserner Skelettkonstruktionen vereinzelt ab der Mitte des 19. Jahrhunderts (Maison du Peuple in Brüssel von V. Horta, 1896-99). Der Durchbruch der Glasarchitektur kam gegen Ende des 19. Jahrhunderts mit den Stahlskelettbauten der 1. Schule von Chicago (Warenhaus Carson, Pirie & Scott in Chicago von L. H. Sullivan, 1899-1904). Der Stahlbeton eröffnete der Glasarchitektur neue Möglichkeiten. Mit dem Faguswerk in Alfeld (Leine) von W. Gropius und Adolf Meyer (1911-18) wurde Glas zum skelettumhüllenden Vorhang (Curtainwall). Unter dem Einfluss von P. Scheerbart, der 1914 seine Schrift »Glasarchitektur« veröffentlichte, entwarf B. Taut sein »Glashaus« für die Werkbundausstellung 1914 in Köln. L. Mies van der Rohe erhob die konsequente Trennung von tragenden (Stahlbetongerüst) und nicht tragenden (Glaszonen in Wand- und Fensterflächen) Elementen zum Gestaltungsprinzip im Wohn- und Hochhausbau (Deutscher Pavillon auf der Weltausstellung in Barcelona, 1929; Seagram Building in New York, 1954-58) und machte damit die Transparenz des Baukörpers und den flexiblen, fließenden Raum zu einem der wichtigsten Themen der modernen Architektur.
 
 
O. Knapp: Architektur- u. Bauglas in Vergangenheit u. Gegenwart (21962);
 J. Hix: The glass house (London 1974);
 W. Blaser: Filigran-Architektur. Metall- u. Glaskonstruktion (Basel 1980);
 W. Benjamin: Das Passagen-Werk, 2 Bde. (1983);
 H. Hafer: G. Bewohnte Glashäuser u. Glasbauten (21986);
 H. Hafer: G. im Detail (1987);
 H. Kief-Niederwöhrmeier: Neue Glaspassagen (1986);
 P. Scheerbart: G. u. Glashausbriefe (hg. 1986);
 G. Kohlmaier u. B. von Sartory: Das Glashaus, ein Bautypus des 19. Jh. (21988);
 
Kristallisationen, Splitterungen. Bruno Tauts Glashaus, hg. v. O. Bätz, Ausst.-Kat. Institut Mathildenhöhe, Darmstadt (Basel 1993).

Universal-Lexikon. 2012.

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